Institut

für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit (IKFN)


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Gärten der Frühen Neuzeit in Realität und Fiktion

Vortragsreihe des IKFN im Sommersemester 2013

zum Plakat der Reihe

Mittwoch, 15. Mai 2013
»Mon orangerie vous fera rire« - Anspruch und Wirklichkeit barocker Gartengestaltung am Beispiel des Osnabrücker Schlossgartens
Dr. Heike Düselder, Museum Lüneburg

Die Herrschaft über die Natur, die einen Ausdruck in der Gestaltung von Gärten fand, war in der Frühen Neuzeit ein zentraler Aspekt fürstlicher Herrschaftssymbolik. Mit dem Bau des Osnabrücker Schlosses ab 1669 und der Anlage von Schlosshof und Garten realisierten  Fürstbischof Ernst August I. und seine Gemahlin Sophie von der Pfalz ein in seiner architektonischen Gesamtdisposition ihren Repräsentationsbedürfnissen entsprechendes Ensemble. Das Besondere am Osnabrücker Schlossgarten war, dass er die meiste Zeit zu einer verwaisten Residenz gehörte, welche die Osnabrücker Landesherren lediglich zu sporadischen Aufenthalten nutzten und die also die meiste Zeit leer stand. Als Ernst August II. 1716 die Regierung im Fürstbistum Osnabrück übernahm, residierte er in Osnabrück unverheiratet, mit einer kleinen Hofgesellschaft, und ohne den Anspruch, seine Residenz zu einem Zentrum höfischen Lebens zu machen. Er fand das Schloss bei seiner Ankunft zwar „ziemlich“ schön, „aber wenig zu loben“, und den Garten „ziemlich unordentlich“ und wenig repräsentativ, die Orangerie geradezu zum Lachen. Seine und die Investitionen seiner Nachfolger in die Gartenanlage zeugen von dem Anspruch, nicht nur mit dem Gebäude, sondern auch mit der Gartenanlage ihr Herrschaftsgefüge zu stabilisieren und die symbolische Präsenz des Herrschers auch in Zeiten seiner physischen Abwesenheit nach außen sichtbar zu machen. Der Vortrag erläutert die Geschichte des Osnabrücker Schlossgartens und geht der Frage nach der symbolischen Bedeutung einer Nebenresidenz nach.

Beginn: 18.15 Uhr
Ort: Zimeliensaal der Universitätsbibliothek Osnabrück, Alte Münze 16/Kamp, Raum 09/114

 

Mittwoch, 29. Mai 2013
André Le Nôtre und die Geburt der Gartenkunst
PD Dr. Stefan Schweizer, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

André Le Nôtre, der Intendant der königlichen Gärten unter Sonnenkönig Ludwig XIV., zu Lebzeiten hochberühmt, wurde von Zeitgenossen zum "Erfinder der Gartenkunst" erklärt. Natürlich hat Le Nôtre nicht die Gartenkunst an sich erfunden. Vielmehr perfektionierte und monumentalisierte er Modelle der künstlerischen Raumgestaltung von Gärten und Landschaften, die in Italien und Frankreich bereits im 16. Jahrhundert entwickelt wurden. Der Begriff des "Erfinders" bzw. der "Erfindung" geht jedoch über das eigentliche Erfinden hinaus. Vielmehr erkannten Zeitgenossen damit an, dass Le Nôtre der Gartenkunst als einer Gattung im Verbund mit Architektur und Bildhauerei eine völlig neue Bedeutung verschaffte. Der Ziergarten wurde notwendiges Ausstattungselement adeliger Lustschlösser, herrschaftlicher Residenzen und adeliger, aber auch bürgerlicher Stadtpalais. Darüber hinaus hatte Le Nôtre monumentale Formen der Freiraumgestaltung etabliert, die zur Grundlage des frühneuzeitlichen wie modernen Städtebaus erhoben wurden. Geht die Pariser Ost-West-Achse der Champs Èlysées noch auf seine eigenen Planungen zurück, folgte man bei der Stadtplanung in Washington D.C. zu Beginn des 20. Jahrhunderts seinem Versailles-Plan.

Beginn: 18.15 Uhr
Ort: Zimeliensaal der Universitätsbibliothek Osnabrück, Alte Münze 16/Kamp, Raum 09/114

 

Mittwoch, 19. Juni 2013
Barocke Körper-Fontänen: Inszenierungen des porösen Körpers in der Literatur und Kunst des 17. Jahrhunderts
Prof. Dr. Norbert Lennartz, Universität Vechta

Zwar gilt das Zeitalter des europäischen Barock als eine Epoche der faszinierenden Wiederentdeckung des Körpers, doch gerade bei der Thematisierung der Porosität des Körpers stießen (britische) Zeitgenossen des 17. Jahrhunderts an ihre Grenzen und griffen nach strikten Zensurmaßnahmen. Weinende Männer galten somit als ebenso problemtisch wie dem Wasser afine Frauen (Ophelia u.a.), und nur in der Inszenierung des weiblichen Körpers als umfriedeten Gartens samt artifizieller Fontäne hoffte man, der degenerativen Tendenz des (sowohl weiblichen als auch männlichen) Körpers zum Fließenden und Diffusen entgegenzuwirken.

Der Vortrag stellt den Versuch dar, eine etwas andere Kulturgeschichte zu erzählen und zeigt, wie das Barock von Shakespeare bis Swift sich bemüht zeigt, den Körper gemäß einer rigiden Säfte-Ökonomie geschlossen und versiegelt zu halten – ein Unterfangen, das endgültig mit der Empfindsamkeit scheitern sollte.

Beginn: 18.15 Uhr
Ort: Zimeliensaal der Universitätsbibliothek Osnabrück, Alte Münze 16/Kamp, Raum 09/114